Internationale Konferenz zu Migration und Regionalentwicklung in Villach

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Auf der internationalen Konferenz „MATILDE“ in Villach standen Migration und die regionale Entwicklung in ländlichen Räumen Europas im Fokus.
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FH Kärnten untersucht in EU-Projekt die Auswirkung von Migration abseits der Städte

Das EU-Projekt MATILDE – Migration Impact Assessment to Enhance Integration and Local Development in European Rural and Mountain Areas – hat die internationale Abschlusskonferenz zu Migration und Regionalentwicklung mit der Stadt Villach als Forschungspartner und der University of Eastern Finland als Projektkoordinator gemeinsam abgehalten. Bei der Konferenz am 10. und 11. November 2022 in Villach wurden sowohl die europaweiten und österreichbezogenen Projektergebnisse präsentiert, als auch Raum für Diskussion und Austausch mit internationalen und lokalen Vertretern aus Politik und Gesellschaft geboten. Die Konferenz bot eine interdisziplinäre Plattform für rund 130 Teilnehmer aus 29 Ländern, die sich mit der Integration von Migranten und der ländlichen Entwicklung befassen.

Ziel des EU-Projekts Matilde ist es, konkrete Handlungsempfehlungen an die Politik zu den sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen von internationaler Migration auf den ländlichen Raum zu formulieren. „Die Untersuchungsergebnisse basieren auf der Hypothese, dass internationale Zuwanderung ein wichtiger Faktor für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung ist. Dafür braucht es aber auch ein Bewusstsein der ländlichen Regionen für die positiven Effekte von Zuwanderung“, erklärt Marika Gruber, Migrationsforscherin und Projektkoordinatorin an der FH Kärnten, den Hintergrund der Forschung.  Mit einem interdisziplinären Team an der FH Kärnten wurden in Kooperation mit nationalen und internationalen Partnern sowie der Stadt Villach die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Zuwanderung von Drittstaatsangehörigen auf ländliche Regionen untersucht.

Befragt wurden Führungskräfte, Personalmanager sowie Angestellte mit und ohne Migrationshintergrund aus den Branchen Bau, Gastronomie, Tourismus, Industrie und Dienstleistungen sowie Mitarbeiter*innen aus Interessensvertretungen und NGOs. „Die Ergebnisse aus der qualitativen Untersuchung und Aktionsforschung zeigten, dass Migranten das Angebot an Dienstleistungen vergrößern und ein Stabilisator für die Bevölkerungsentwicklung sind.

Zugewanderte wurden in Forschung eingebunden

Jedoch benötigen Zugewanderte auch Unterstützung, um sich in ihrer neuen Heimat zurechtzufinden – egal ob es sich um angeworbene Fachkräfte oder geflüchtete Personen handelt“, so die Forscherin an der FH Kärnten, Marika Gruber. „Die Forschung war partizipativ und interdisziplinär angelegt, d.h. wir haben Migrant*innen aktiv in die Forschung eingebunden und uns selbst in die Lebenswelten von Zuwander*innen begeben. So konnten wir bei einem arabischen Frauenfest gemeinsam mit den zugewanderten Frauen kochen, essen und in Form von Social Mappings ihre Bezugspunkte in der Stadt Villach eruieren. Durch die Aktionsforschung wurden die Forschungspartner*innen auch zur Reflexion über eigene Erfolge in Kärnten angeregt“, erläutert Marika Gruber den wissenschaftlichen Zugang.

Veränderung der Bevölkerung und Auswirkungen der Zuwanderung

Während das Bundesland Kärnten bereits mit einer herausfordernden demographischen Entwicklung durch Abwanderung und Alterung konfrontiert ist und die Prognosen von einem Bevölkerungsrückgang ausgehen, wächst die Stadt Villach. Das Bevölkerungswachstum in Villach ist vor allem auf internationale Zuwanderung zurückzuführen und sorgt für eine positive wirtschaftliche Entwicklung der Stadt: Migrantische Unternehmer*innen bringen nicht nur zusätzliche Sprach- und Kulturkenntnisse mit, die im grenzüberschreitenden Wirtschaftsleben gefragt sind, sondern bieten auch gefragte Dienstleistungen an (z.B. Cafés und Restaurants mit internationalem Getränke- und Speisenangebot, Modegeschäfte, Nähwerkstätten, Kinderbetreuung, Übersetzungsdienstleistungen) oder bringen Bauaufträge und Investitionen nach Kärnten. Von der Internationalität profitieren aber auch die heimischen Betriebe, die am globalen Markt tätig sind. Mitarbeiter*innen mit spezialisierten Fachkenntnissen, die zudem über verschiedene Sprachkenntnisse verfügen, können oft nur am internationalen Markt gewonnen werden. Zuwanderung hilft damit auch entscheidend den Fachkräftemangel in Branchen wie Tourismus, Bau oder Pflege abzufangen.

Ergebnisse für Integrationsarbeit

Marika Gruber, Migrationsforscherin an der FH Kärnten: „Das Projekt MATILDE hat Ergebnisse auf vier Ebenen gebracht: Erstens neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu den sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen von Migration in ländlichen Räumen und Berggebieten Europas sowie zweitens praktische Ergebnisse für die Verwaltungsmitarbeiter*innen, politisch Verantwortliche und Praktiker*innen in Form von einer Toolbox, die Instrumente, Handlungsanleitungen und Videos zur Selbstevaluierung der eigenen Integrationsarbeit beinhaltet und eine Landkarte mit europäischen Good-Practice-Beispielen. Drittens wurden Handlungsempfehlungen in Form von Policy Briefs und eines Booklets erarbeitet, das sich an politische Akteur*innen von der lokalen bis zur europäischen Ebene richtet. Zum Vierten wurden Ergebnisse, die sich an die Bevölkerung in ländlichen Räumen richten, z.B. ein Essay-Wettbewerb für Schüler*innen und ihren Erfahrungen zu Migration, ein Fotowettbewerb und eine Online-Kurs zu Migration und ländlicher Entwicklung, präsentiert.“

Über das Forschungsprojekt MATILDE

Matilde (Migration Impact Assessment to Enhance Integration and Local Development In European Rural And Mountain Areas) lautet der Name für das von der Europäischen Union über Horizon2020 geförderte Forschungsprojekt. Das Projekt läuft seit 2020 und ist auf drei Jahre ausgelegt ist. Mit Österreich sind zehn europäische Länder mit zwölf Forschungseinrichtungen und 13 Praxispartnern beteiligt. In Österreich sind an der Untersuchung zwei Fallstudien-Regionen und vier Partner beteiligt:
Kärnten (FH Kärnten und Stadt Villach) und Vorarlberg (Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen und okay. zusammen leben). In Kärnten wurde der Fokus der partizipativen Aktionsforschung auf die Region Villach und Umland gelegt; in Vorarlberg wurden drei Gemeinden (eine Gemeinde mit ca. 6.500 Einwohnern in Walgau; eine Gemeinde mit ca. 1.000 Einwohnern im Klostertal; eine Gemeinde mit ca. 3.900 Einwohnern im Montafon) näher analysiert.
Info: www.matilde-migration.eu

Kontakt:

Mag.a (FH) Marika Gruber
Lecturer/Senior Researcher, FH Kärnten
+43 5 90500 2439
m.gruber[at]fh-kaernten[dot]at